NACHLESE
Ausstellung "Mensch-Himmelwärts" großer Erfolg
30 000 Besucher während der Documenta11 in St. Elisabeth

Von Stephan Weiler

Kassel. 118 Tage dauerte die Ausstellung "Mensch-Himmelwärts" in der Kasseler St.-Elisabeth-Kirche. Das Bistum Fulda und der Katholische Kirchengemeindeverband Kassel zeigten 2002, parallel zur Weltkunstausstellung Documenta11, "Kunst in der Kirche gestern und heute". Die ausgestellten modernen Skulpturen von Prof. Thomas Virnich sowie die Gemälde von Johann Heinrich Tischbein dem Älteren aus dem 18. Jahrhundert waren Publikumsmagnete.


30 000 Besucher in 118 Tagen

Der Dialog mit der Kunst kam an. Von Juni bis Ende September kamen täglich bis zu 1 000 Ausstellungsbesucher in die Kirche am Kasseler Friedrichsplatz. Insgesamt wurden 30 000 Besucher gezählt. Während die einen sich im Gästebuch über "die Oase der Ruhe im documenta-Betrieb" freuten, lobten andere: "Der Turmbau zu Babel' ist das schönste Kunstwerk der Documenta11". Sowohl der künstlerische als auch der pastorale Erfolg der Ausstellung und des Begleitprogramms sei eben nicht messbar, sagt Harald Fischer, katholischer Dechant in Kassel. "Mensch-Himmelwärts" habe bei vielen Menschen "geistige und spirituelle Impulse gesetzt", ist Fischer überzeugt. Die Konzeption der Kunstschau, alte Meister und moderne Skulpturen dialogisch gegenüber zu stellen, bewerten der Kasseler Dechant Harald Fischer und der nordhessische Regionaldechant Monsignore Reinhold Kircher als erfolgreich. "Es ist ein Dialog der verschiedenen Deutungsebenen gewesen", sagt Fischer. Die Ausstellung im sakralen Raum, ergänzt Monsignore Kircher, habe zum Innehalten und Nachdenken eingeladen.


Ausstellung brachte vieles in Bewegung

Dass die Ausstellung "in den vergangenen Wochen vieles in Bewegung gebracht" hat, davon ist auch Dr. Burghardt Preusler, Diözesanbaumeister des Bistums Fulda, überzeugt. "Mensch-Himmelwärts hat rund 30 000 Besucher in Bewegung gebracht, denen die neuen und alten Bilder Reflexion, Andacht und Erholung ermöglichten". Die zuvor oft gestellte Frage, ob die 225 Jahre alten Tischbeingemälde überhaupt eine überzeitliche Botschaft haben können, sieht Preusler, der die Ausstellung seitens des Bistums Fulda verantwortlich leitete, nicht zuletzt durch die Einträge im Gästebuch, "mit einem deutli-chen ,Ja' beantwortet. Sicher sei es für manchen Besucher nicht leicht gewesen, so Preusler, im "Turmbau zu Babel" von Prof. Thomas Virnich vor der Kirche, "neben einem großen Durcheinander noch eine Botschaft zu entdecken". Preusler erinnert an Christus selbst, der "sich nicht mit vornehmer Lehre, dem distanzierten Wohlversprechen und guten Worten unter die Menschen begeben" hat. Der Diözesanbaumeister ermuntert, "im wenig durchschaubaren täglichen Leben, morgen und übermorgen, mit Phantasie und auch mal spielerisch Christi Botschaft zu suchen und den Glauben zu finden".


Kasseler Katholiken zogen an einem Strang

Zusätzlich zu den positiven Erfahrungen, die die Ausstellung den Besuchern aus der gesamten Bundesrepublik und den zahlreichen internationalen Kunstinteressenten während der Documenta11 vermittelt hat, sehen die Kasseler Dechanten Fischer und Kircher auch einen Erfolg für die katholische Kirche in Kassel. "Die Katholiken in Kassel haben erstmals seit langer Zeit ein gemeinsames Thema gefunden, das sie zusammengeführt hat und das sie gemeinsam bewältigt haben", sagt Dechant Fischer. Dadurch, betont Monsignore Kircher, sei "die 225-jährige Geschichte der katholischen Kirche in Kassel wieder neu ins Bewusstsein gekommen". Insgesamt hatten sich rund 450 Männer und Frauen aus den Kasseler katholischen Kirchengemeinden ehrenamtlich für den Besucherdienst in St. Elisabeth zur Verfügung gestellt. Die vielen Freiwilligen hatten die Ausstellung erst ermöglicht. Das gemeinsam Geleistete sieht Harald Fischer als Chance für die Katholische Kirche in Kassel. "Die Erfahrungen der Ausstellung müssen reflektiert werden. Ich glaube, dass wir zunehmend wahrnehmen und sehen werden, dass Kirche nicht nur einen Auftrag im Bereich der Liturgie innerhalb der Kirchenmauern hat. Wir werden darüber nachdenken müssen, was es bedeutet, mit einer künstlerischen Dimension christliche Werte sichtbar zu machen". Diese Erfahrungen sollten für eine neuerliche Begleitausstellung zur documenta 12 "fruchtbar gemacht werden", sind die beiden kirchlichen Würdenträger überzeugt.


Kirchengemeinde will neue Wege gehen

Ein positives Resümee der Ausstellung zieht auch Marcus C. Leitschuh, Sprecher des Pfarrgemeinde-rates, für die Elisabethgemeinde. "St. Elisabeth hat sich als Ort für Ausstellungen, Konzerte und besondere liturgische Angebote sehr bewährt", sagt Leitschuh. "Wir sehen dies als Motivation, auch in Zukunft St. Elisabeth zu einem zentralen Ort für Kunst und religiöse Kultur in der Stadt zu machen. Dabei wollen wir auch neue Wege gehen, wie wir es mit den verlängerten Öffnungen bei den Museumsabenden und dem Angebot "Gregorianik und Poesie" jeweils um 22 Uhr mit bis zu 350 Besuchern erfolgreich probiert haben. Wir freuen uns, dass Bischof Algermissen uns auf unserem Weg hin zu einem Profil als Kirche für Kultur- und Großstadtseelsorge bestärkt. Ich wünsche mir eine engere Vernetzung und größeren Dialog zwischen Museen, Theater, Kino, Universität und Kirche".
Auszüge aus dem Gästebuch zur Ausstellung "Mensch-Himmelwärts"


Tolle Ausstellung, schön, wie sich alt und neu ergänzt !
B.E. 06.06.02

Eine wunderbare Atmosphäre in diesem herrlichen Raum mit aufstrebendem Tageslicht. Diese Inszenierung werde ich mehrfach genießen. Unbedingt auch einmal bei Nacht. Herzlichen Dank.
U.S. 09.06.2002

Er entäußerte sich, wurde Mensch, aus der Erde genommen, Zärtlichkeit – bedürftig. Gefangen, verurteilt, gefoltert; solidarisch mit den Ermordeten.
J.K. 10.06.2002

Äußerst eindrucksstarke Bilder – besonders eindrucksvoll die Körpersprache, der Ausdruck in den Gesichtern – die Beleuchtung ! Man muss sich die Bilder noch sehr oft ansehen.
12.06.2002

Ein nachdenklicher Augenblick, Besinnung und Erbauung nach dem Trubel der Documenta 2002.
B.u.C. E.

Der Kirchenraum kann gut verschiedene Stilepochen aufnehmen. Schön, dass es auch immer wieder mal christliche Kunst zu sehen gibt.
20.06.2002

Diese besonderen Bilder hängen sehr gut, sind sehr gut beleuchtet, erhöhen die sakrale Wirkung des Kirchenraumes, unbedingtes Verweilen wäre notwendig. Zu diesem komme ich gerne wieder.
A.H. 21.06.2002

Eine wunderbare Ausstellung – selten dass Bilder und Skulpturen so ergänzen / erweitern. Vielen Dank.
22.06.2002

Ich hätte gerne mehr Kunstwerke wie die von Virnich auf der Documenta 11 gesehen. Sehr schön.
U.D. 07.07.2002

Nach der Vielfalt der "d 11" eine Erholung für die Seele!
Die wunderbaren Tischbeingemälde waren in Kassel und gehören nach Kassel !!!
G.W. 11.07.2002

Das Schönste an der Documenta.
12.07.2002

Kunst in der Kirche – ein Stück Auseinandersetzung mit Glauben und uns selbst – so wichtig.
H.K. 14.07.2002

Über den Tag hatte ich Gelegenheit die Werke Virnichs im Sonnenlicht zu betrachten. Hier hat Christus Spuren hinterlassen !
20.07.2002


Der Turmbau zu Babel erinnert an das World Trade Center – oder umgekehrt, das World Trade Center an den Turmbau. Zu allen Zeiten: also Hybris !
22.07.2002

Meditative Momente – Augenfreude – Innehalten – all das ermöglichten die gezeigten Tischbeinbilder und die beeindruckenden Tonarbeiten.
22.07.2002


Plastisch, 3dimensional, kirchlicher "Kontext" – beruhigend, dass es dies noch gibt und es auch gefördert wird. Mal sehen, ob auch die zeitgenössische Kunst sich wieder mehr mit Kirche im "Kontext" Glauben auseinandersetzt....
25.07.2002

... und so bleibt der Wunsch nach weiteren in dieser Konzeption angelegten Ausstellungen. Eine Bereicherung in vielfältiger Hinsicht, ein bemerkenswerter Dialog innerhalb und außerhalb der Kirche, Impuls für jeden Denkenden und Hinterfragenden. – Danke für diese Ausstellung.
S.T. 06.08.2002

Thomas Virnich und seine Kruzifixe – sehr aufregend – als wolle er die Tiefe ausloten dieses Todes von Jesu !!
B.F. 14.08.2002

Vielen Dank für die wunderschöne documenta-würdige Präsentation den Arbeiten von Thomas Virnich
03.09.2002

Eine gelungene Gegenüberstellung – zwei verschiedene Materialien, zwei unterschiedliche Sichtweisen aus zwei Zeiten in einem Raum.
A-K- A. 20.09.2002